Der braune Sumpf im nördlichen Rheinland-Pfalz

Am 22 November wird das zweite große Neonazievent innerhalb eines Monats im Raum Remagen stattfinden. Bisher verlief die Mobilisierung der Nazis für den Trauermarsch in Remagen schleppender als letztes Jahr. Vielmehr ist die Tendenz zu sehen, dass vermehrt auf internen Veranstaltungen geworben und mobilisiert wird.

Nazi-Fightnight
Schon am 25.10.2014 fand in Vettelschoß, keine 10km Luftlinie von Remagen ein überregionales Neonazi-Kampfsport-Event statt. Angereist waren mindestens 100 Neonazis aus mehreren Bundesländern, unter anderem aus Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und NRW.
Das antifaschistische Infobüro Rhein Main berichtete: http://www.infobuero.org/2014/10/vettelschoss-nazi-kampfsport-veranstaltung-am-25-oktober-2014/

Die Nazifightnight fand in der Vettelschoßer Funsport-Arena statt. Dort trainiert auch der örtliche Kampfsportverein Fight Club e.V. Der Verein, der sich mit dem Namenszusatz “Asgard” präsentiert wird, spielt mit nordischer Mythologie und Symbolik – beides sehr beliebt in der rechten Szene.
Neben “Asgard” wird ein sogenannten Thorshammer im Logo verwendet. Die Aufklärungsbroschüre Das Versteckspiel beschreibt die Bedeutung des Thorshammers für die extreme Rechte: „In der Bildsprache der extremen Rechten ist der Gott Thor die reinigende Kraft. Er soll mit seinem Thorshammer ‘das deutsche Volk vom verderbenden Ungeziefer’ reinigen.“ Asgard ist in der nordischen Mythologie der Sitz der Götter. Dort findet sich auch das von Nazis besonders verehrte ´Walhall´.

Für die Demonstration in Remagen brisant:
Einer der drei Trainer des Fight Club e.V. präsentiert sich bei Facebook mit Bezügen zur neonazistischen Szene. Er bekennt sich zu einschlägigen Szene-Marken sowie zur JN Ahrtal, einer rheinland-pfälzischen Jugendgruppe der NPD, in der sich Neonazis vom verbotenen Aktionsbüro Mittelrhein [ABM] tummeln. Die JN Ahrtal ist in der Region um Remagen und im Ahrtal aktiv. Ihre Mitglieder sind Mitorganisatoren des jährlichen Trauermarsches in Remagen. Einige Mitglieder der JN Ahrtal, die man durchaus als ABM- Nachfolgeorganisation bezeichnen könnte, trainieren Kampfsport und treten sehr aggressiv auf.
Dazu mehr von der Antifa Koblenz: http://antifakoblenz.noblogs.org/post/2014/09/18/neues-vom-aktionsbuero-mittelrhein-abm/

Auch mit dem Verbot des Aktionsbüro Mittelrheins ist der braune Sumpf im Norden von Rheinland-Pfalz und in der Region um Remagen noch längst nicht ausgetrocknet:
Deutschlandweite Nazi-Kampfsport-Events, organisiert von einem weltweit vernetzten Chapter Westwall der Hammerskins, die JN Ahrtal und die NPD Koblenz als Auffangbecken für das verbotene ABM sowie der Trauermarsch in Remagen.

… ist gibt also aus antifaschistischer Perspektive reichlich zu tun….
22. November in Remagen gegen die Nazis auf die Straße.

„Volkstrauertag“ – Herkunft und Bedeutung

Der Text beruht im Wesentlichen auf der Broschüre „Widerlichkeiten des deutschen ´Heldengedenkens´“ der autonomen neuköllner antifa (ana)

Weimarer Republik
Die Tradition des heutigen „Volkstrauertages“ geht ursprünglich auf die Weimarer Republik zurück, in der, auf Initiative nationalkonservativer Kräfte und des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge, seit 1926 ein Gedenktag für die „deutschen Opfer“ des 1. Weltkrieges begangen wurde. Die Initiatoren verfolgten das Ziel, ein nationales Kollektiv über alle gesellschaftlichen Unterschiede hinweg zu konstruieren, das in der Trauer um die „deutschen Opfer“ geeint werden und eine identitätsstiftende Basis finden sollte.
Die gemeinsame Trauer auf den jährlichen Veranstaltungen sollte das völkische Kollektiv durch die Verherrlichung von Militarismus, Nationalismus und soldatischem Opferwillen auf die Notwendigkeit einschwören, eigene Opfer im Kampf für das „deutsche Volk“ zu bringen. Als exemplarisch für diese Hetze kann eine Äußerung auf der zentralen Gedenkfeier von 1926 gesehen werden:
„Unsere Toten mahnen. Und darauf kommt es an. Horche jeder auf den Geist der Toten und bekenne sich zu ihnen: Selber riefst du einst in Kugelgüssen: Deutschland muß leben und wenn wir sterben müssen!“ Hamburgischer Correspondent, 1. März 1926

Nationalsozialismus
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Das Heldengedenken – Rechte Gedenkpraxis unter der Lupe.

Jährlich seit 2005 kommen zahlreiche Rechte und Neonazis nach Remagen, um dort einen Gedenkmarsch samt „Totengedenken“ durchzuführen.
Dabei ist Remagen bundesweit kein Einzelfall. Zu den anderen betroffenen Städten gehören auch Bad Nenndorf und Wunsiedel.

NS Verherrlichung, damals wie heute
NS „Totenehrung“ 1938 und 20131

Die Neonazis pilgern an den Rand von Remagen, zur Schwarzen Madonna auf den Rheinwiesen, eine vom Nazikünster Adolf Wamper gestaltete Lehmfigur. Dort, auf dem Boden des ehemaligen amerikanischen Kriegsgefangegenlagers „Goldene Meile“, führen sie ihr Totengedenken durch.
Nach Nationalsozialistischem Vorbild, hält ein Parteifunktionär oder Kameradschaftsführer erst eine „Kampfrede“. Dabei wird schon mal von einer dreitausend jährigen Kampfgemeinschaft schwadroniert, dort werden die Faschistischen Wehrmachtssoldaten in einer “Ahnenkette” mit germanischen Stammeskriegern gesehen. Diese germanischen Krieger, die in der Varusschlacht im Jahr 9 nach Chr. gegen die Römer kämpften, sollen, wie die Wehrmacht gegen die Alliierten, den “germanischen Rhein” gegen die imperialistischen Römer verteidigt haben.

Danach übernimmt ein anderer Nazifunktionär die Ehrung. Dabei orientieren sich die Neonazis an dem „Heldengedenken“ zur NS-Zeit (ab 1934) und den Trauerfeiern für die „Blutzeugen des NS“. Continue reading

Neonazis an Hochschulen und Universitäten

Mehr Bildung gegen Nazis – eine weitverbreitete Parole.
Dahinter steckt das Bild vom dummen, ungebildeten, gewalttätigen, männlichen und meistens arbeitslosen Neonazi, am besten noch kahlrasiert und mit Bomberjacke.
Doch hilft Bildung wirklich gegen Nazis?
Und stimmt dieses Bild noch?
Wie passt es dazu, dass nicht wenige Nazis studieren?
Nach der Razzia gegen das Aktionsbüro Mittelrhein war in der Presse zu lesen, dass einige der Abgeklagten am studieren waren. Eine Einschätzung dazu gibt es bisher nicht.

Ein Diskussionsbeitrag der Kampagne NS-Verherrlichung stoppen – Kein Naziaufmarsch in Remagen oder anderswo!

Hochschule Koblenz, Campus Remagen – Aktionsbüro Mittelrhein:
In Remagen gab es schon vor der Razzia Diskussionen um an der Hochschule um studierende Nazis vom Aktionsbüro Mittelrhein. Anlass war ein Brief der Professorenschaft nach der Wahlrunde 2009 / 2010: „Die Professorenschaft begrüßt es ausdrücklich, dass bei den studentischen Wahlen zwei aktive Neonazis, die kandidiert haben, nicht in die Gremien gewählt worden sind“.
Angetreten waren: David H (Studium der Gesundheits- und Sozialwirtschaft) und Christian H (Sportmanagement).
David H, mittlerweile ausgestiegen, trat beim Naziaufmarsch in Remagen 2010 direkt neben seiner Hochschule als Redner auf.

Ein weiterer Neonazi der in Remagen studierte war Alexander H. Er gab in einem Brief bekannt, dass er in der Weinbergstraße in Bad Neuenahr wohne. Dort befand sich zu diesem Zeitpunkt dass sogenannte Braune Haus, ein Wohnprojekt von Neonazis, das als Zentrale des Aktionsbüro Mittelrhein diente.

Von Ahrweiler an die Universität Jena:
Was oft vergessen wird: in der Naziszene sind nicht nur Männer. Ein Beispiel ist Lisa B, die aus dem Landkreis Ahrweiler stammt und beim Aktionsbüro Mittelrhein aktiv war.
Sie zog nach Jena, um dort Volkskunde zu studieren. Als bei einem Aufmarsch in Berlin-Kreuzberg Neonazis eine friedliche Sitzblockade angriffen, war sie mit dabei.
Mittlerweile wohnt sie mit ihrem Lebensgefährten und einem gemeinsamen Kind in einem kleinen Dorf in Thüringen, das eine Neonazi-Hochburg ist. Ihr Lebensgefährte ist wegen schweren Gewalttaten vorbestraft.
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Gegen Nazis und Repression!

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Antifaschistische Gegenproteste vor Ort wurden in den vergangenen Jahren kriminalisiert und klein gehalten. Damit muss Schluss sein!
In Folge des Naziaufmarsches in Remagen 2010, kam es zu massiver Repression gegen Antifaschist*innen, die zu zwei Gerichtsverfahren führte. Anfang 2013 sprach das Landgericht Koblenz, die zweite Instanz, eine Gruppe von 6 Angeklagten frei. Diese waren noch in erster Instanz vor dem Amtsgericht in Sinzig für die „psychische Unterstützung“ des so genannten Haupttäters für schuldig befunden und zu Geldstrafen von je 70 Tagessätzen verurteilt worden. “Ziel ist weniger die rechtskräftige Bestrafung, sondern eher die Angeklagten und deren politische Mitstreiter zu verunsichern, damit diese sich in Zukunft bei Protesten zurückhalten“, meinte damals Rechtsanwalt Tom Siebert, der einen der sechs Antifaschisten vertrat, gegenüber dem Zeit-Blog Störungsmelder.
Mehr Infos: www.remagensoli.blogsport.de

Auch der Verfassungsschutz schaut in Remagen jetzt genauer hin…
Jener Verfassungsschutz, der in der Vergangenheit gerne mal wegschaut hat, sowohl bei den Morden des NSU, also auch jahrelang beim Aktionsbüro Mittelrhein [ABM]. 2011 und 2012 konnte der VS nach „intensiver Ermittlung“ gegen das ABM lediglich berichten, dass das seit 2007 bestehende ABM sich im Norden von RLP entwickelt hat und Kontakte zu Nazis im Süden NRW´s pflegt.1
Da, wo der Verfassungsschutz bei den Nazis wegschaut, schaut er bei den Antifaschist*innen genauer hin: So haben es die Kampagne und die Aktivitäten rund um „NS Verherrlichung stoppen!“ direkt in den Verfassungsschutzbericht für Nordrhein-Westfalen geschafft.
Zur Erinnerung: Remagen liegt in Rheinland-Pfalz. Nicht nur, dass die Verfassungsschützer*innen in NRW Nachhilfe in Geographie brauchen, auch phantasieren sie sich gleich „Übergriffe gegen Polizeibeamte“2 herbei. Diese hat es nie gegeben, das würde wohl auch die zuständige Polizeibehörde bestätigen. Aber auch der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz ist sich nicht zu schade und führt beispielsweise die Antifa Koblenz, die unsere Kampagne unterstützt, im aktuellen Verfassungsschutzbericht auf.
Grund hierfür war zwar nicht die Kampagne NS Verherrlichung stoppen – in Rheinland-Pfalz findet sich unsere Kampagne nicht im Verfassungsschutzbericht – sondern vielmehr die Unterstützung der bundesweiten Demo zum Prozessbeginn gegen Beate Zschäpe.

Solidarität muss Praktisch werden!
Wir lassen uns von Staatsschutz, Justiz oder Verfassungsschutz weder einschüchtern, noch kriminalisieren oder von unserem legitimen Protest abhalten! Deswegen noch deutlicher: unterstützt die Kampagne „NS Verherrlichung stoppen!“ und kommt alle am 22.November 2014 nach Remagen! Seid laut, kreativ und passt auf euch auf.

  1. Vgl. Verfassungschutzbericht RLP 2011 S.30f und Verfassungschutzbericht RLP 2012 S.33 [zurück]
  2. Verfassungsschutzbericht NRW 2013 S. 105 [zurück]

NS Glorifizierung und Heldengedenken

Seit dem die Nazis zum „Feld des Jammerns“ in Remagen ziehen, taucht eine Fahne auf, die bei Nazidemonstrationen oder rechten Trauermärschen sonst selten zu sehen ist:

Nazi-Fahne2 Preußische Fahne mit schwarzem Adler und dem Fahnenspruch:„Zur Ehre des Vaterlandes“

Dabei handelt es sich um die Fahne des Grenadier-Regiment „König Friedrich Wilhelm I.“ (2. Ostpreußisches) Nr. 3. Das Regiment bestand von 1685 bis zum 1. Oktober 1919, an dem es infolge des Versailler Vertrages aufgelöst wurde. Was steckt also hinter diesem Regiment und warum nutzen die Nazis für ihr „Heldengedenken“ gerade diese Fahne? Continue reading

NS Verherrlichung stoppen! 2.0: Nazis in Remagen am 22.11.14 entgegentreten!

Mitte 2013 bildete sich im nördlichen RLP und im angrenzenden NRW das antifaschistische Bündnis „NS Verherrlichung stoppen!“ mit der Kampagne „NS Verherrlichung stoppen! Nazis in Remagen entgegentreten“[NSVs!]
Die Kampagne verfolgte zwei Ziele: Zum einen wurden sowohl die lokalen Remagener, als auch die gesamtdeutschen Opfermythen kritisch beleuchtet und widerlegt. Zum andern wurde am Tag des Naziaufmarsches in Remagen mit einer antifaschistischen Demonstration klar Stellung bezogen und anschließend die Möglichkeiten und Infrastrukturen gegeben, den „Trauermarsch“ der Nazis angemessen kritisch zu begleiten.
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