Kurzbericht Remagen 2019

+++ mehr als 850 Antifaschist*innen setzen mit Blockaden, Demonstration und Kundgebungen klares Zeichen gegen Neonazis und deutschen Opfermythos +++ Naziaufmarsch kann nur verzögert und über Umwege laufen +++ Zahl der Nazis sinkt nochmal auf ca.130

Blockaden & Aktionen


Foto: Björn Kietzmann

Am heutigen 16. November 2019 versammelten sich um halb elf knapp 850 Menschen – u.a. aus NRW, Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen & Sachsen vor dem Remagener Bahnhof zur antifaschistischen Demonstration „Kein Ruhiges Remagen! Auf die Straße gegen rechten Terror!“, um gegen den größten regelmäßigen Naziaufmarsch Deutschlands zu protestieren. Gleichzeitig wendete sich die Demonstration gegen den geschichtsrevisionistischen Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit. Während auf der Auftaktkundgebung vor dem Bahnhofsgebäude Antifaschist*innen aus Dresden in einem Redebeitrag eine Parallele zwischen den Opfermythen in Dresden und Remagen zogen, blockierten schon mehrere Aktivist*innen die geplante Aufmarschstrecke der Neonazis: So haben sich in einer Straße einige Menschen in verschiedene Bäume gehangen und in einer anderen Straße zwei Leute angekettet und so verhindert, dass die Neonazis auf die Innenstadtseite von Remagen gelangen konnten. Als dann auch noch eine unbekannte aber übel stinkende Flüssigkeit am Startkundgebungsplatz der Nazis verteilt war, schien der Start des „Trauermarsches“ in weite Zukunft gerückt, da die Flüssigkeit erst durch einen Gefahrgutzug der Feuerwehr in voller ABC-Schutzmontur als Buttersäure identifiziert werden musste.

Als die Nazis dann schließlich mit ca. 2 stündiger Verspätung starteten, folgten jedoch nur noch mehr Probleme. Die offizielle Route war blockiert und sowohl Polizei als auch Nazis trauten sich nicht unter den Kletteraktivist*innen herzugehen, welche „mit Eimern mit unbekanntem Inhalt“ „bewaffnet“ gewesen sein sollen. Als letzte Möglichkeit wählte die Polizei dann die Sperrung der B9 und das Umleiten der Nazis auf diese. Damit mussten die Nazis erneut auf die wohl unpopulärste Route Remagens ausweichen. Doch Antifaschist*innen wollten sich damit nicht zufrieden geben und blockierten an mehreren Stellen den Weg von der B9 zur Schwarzen Madonna, verwehrten den Nazis somit den Platz für ihr „Heldengedenken“ und verzögerten damit den Ablauf des „Trauermarsches“ noch weiter.

Währenddessen zogen die 850 Antifaschist*innen vom Bahnhof zum jüdischen Friedhof, wo es eine Rede zum antisemitischen Terroranschlag in Halle gab. Anschließend ging es weiter in Richtung der FH zur Kundgebung von „Remagen Nazifrei“ mit großer Bühne und Infoständen vieler Parteien und Organisationen. Trotz der aufgrund von Blockaden noch nicht angekommenen Nazis, begann in der Zwischenzeit das Bühnenprogramm mit Konzerten und Reden unterschiedlicher politischer Organisationen. Als die Nazis schließlich ankamen, wurden sie von der Bühne aus mit lautem Punkrock und zahlreichen lauten Parolen empfangen und im Verlauf ihres „Heldengedenkens“ soweit gestört, dass die Anlage der Bühne letztendlich nach Aufforderung durch die Polizei leiser gedreht werden musste. Auch während der Kundgebung an der FH waren diverse Kleingruppen von Antifaschist*innen in Remagen unterwegs und zeigten den Nazis auf und an der Route, dass ihr rechtsterroristisches Kadertreffen keineswegs unwidersprochen stattfinden kann.

Nachdem die Nazis unter massivem Protest in Hör- und Sichtweite ihr „Heldengedenken“ beendeten, zog auch die antifaschistische Demo vorbei am jüdischen Friedhof zurück zum Bahnhof. Mit Parolen und Redebeiträgen wurde sich gezielt an die Bevölkerung Remagens gewandt, in welchen aufgefordert wurde, selber gegen den jährlichen Naziaufmarsch aktiv zu werden. Die Reaktionen der Anwohner*innen fielen dieses Jahr nochmal positiver aus, was eine breitere Zustimmung zur Notwendigkeit unserer Arbeit ausdrückt. Auch dies verdeutlicht, dass die Proteste in Remagen nicht nur notwendig, sondern auch weiterhin sinnvoll und wirksam sind.

Die Nazis


Foto: Björn Kietzmann

Im letzten Jahr sank die Teilnehmer*innen zahl beim „Trauermarsch“ nach einem zweijährigen Hoch wieder deutlich auf knapp 150 Neonazis. Dieses Jahr ging der Abwärtstrend weiter, sodass sich am Ende nur knapp 130 Neonazis in Remagen versammelt hatten. Auch die öffentliche Mobilisierung zum Aufmarsch war dieses Jahr schon nahezu ausgeblieben, was die sinkende Teilnehmer*innenzahl nicht weiter verwunderlich macht. Trotzdem waren auch dieses Jahr wieder viele rechtsterroristische Strukturen beim Aufmarsch dabei, was zeigt, wie vernetzt die lokalen Neonazis weiterhin sind. Das Problem ist also weiterhin nicht die Anzahl, sondern welche Neonazis in Remagen aufmarschieren – nämlich das „who is who“ der rechtsterroristischen Szene in Deutschland.

Fazit


Foto: NS-Verherrlichung stoppen!

Der heutige Tag ist aus antifaschistischer Sicht als voller Erfolg zu werten! So haben die breite Allianz antifaschistischer Gruppen und das Ineinandergreifen der verschiedenen Aktionsformen den Nazis gehörig den Tag versaut. Besonders die vielfältigen Blockaden und dass die Kundgebung von „Remagen Nazifrei“ in direkter Sichtweite zum „Heldengedenken“ der Nazis durchgeführt werden konnte, ist hier positiv hervorzuheben.

Diese positive Entwicklung kann allerdings lediglich ein Anfang sein, auf einem Weg hin zu einer klaren Kritik von nationalsozialistischem und geschichtsrevisionistischem Gedankengut und der perspektivischen Verhinderung des rechtsterroristischen Aufmarsches. Denn der Kampf gegen den Opfermythos Remagen ist noch lange nicht vorbei.

Unser großer Dank gilt den vielen Antifaschist*innen die am heutigen Tag mit uns auf der Straße waren!

Destroy the myth of Remagen.