Kurzbericht Naziaufmarsch Remagen 2018

+++ mehr als 500 Antifaschist*innen setzen mit Blockaden, Demonstration und Kundgebungen klares Zeichen gegen Naziaufmarsch und deutschen Opfermythos +++ Polizei agiert überzogen und gewalttätig +++ Zahl der Nazis sinkt deutlich auf ca. 150

Blockaden & Aktionen

Am heutigen 17. November 2018 versammelten sich um viertel nach 10:00 Uhr mehrere hundert Menschen u.a. aus NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen vor dem Bahnhof Remagen zur antifaschistischen Demonstration „We’re not gonna take it anymore! – Gegen Naziaufmarsch & deutschen Opfermythos!“, um gegen den geschichtsrevisionistischen Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit zu protestieren. Die Auftaktkundgebung fand vor dem Bahnhofsgebäude statt, um Solidarität mit etwa 70 Antifaschist*innen zu zeigen, die den Aufgang zum Gleis der bald ankommenden Neonazis blockierten. Zeitgleich hat sich eine ähnlich große Gruppe auf den Weg hinter den Bahnhof gemacht, um den Startkundgebungsplatz der Neonazis zu besetzen. Als etliche Neonazis auf dem blockierten Gleis ankamen, hat die Polizei die Blockade gewalttätig geräumt. Dabei setzte die Polizei gezielt rechtswidrige Schmerzgriffe ein und schleifte Protestierende eine Treppe hoch in Richtung der Demonstration. Die so geräumten Personen erhielten einen Platzverweis für das Stadtgebiet Remagen und durften lediglich auf die Freigabe des Bahnhofs warten, um die Stadt zu verlassen. Währenddessen wurde auch die Gruppe hinter dem Bahnhof des Platzes verwiesen und zur Demonstration geschickt.

Die Demonstration wartete solidarisch, bis alle Protestierenden aus den Polizeimaßnahmen herausgelassen wurden. Anschließend hinderte die Polizei die Demonstration loszugehen. Währenddessen starteten die Nazis ihren „Trauermarsch“ und wichen dabei von ihrer normalen Route ab. Stattdessen liefen sie über die B9, die dafür gesperrt werden musste. Auf Nachfrage hieß es von Polizist*innen nur: „Wir wissen, dass das rechtswidrig ist, können daran aber jetzt nichts ändern“. Nach einigem hin und her mit der Polizeiführung konnte auch unsere Demonstration um kurz vor halb zwei schließlich starten und machte sich schnellstmöglich auf den Weg in Richtung Schwarzer Madonna, wo die Nazis ihre zentrale Kundgebung mit nationalsozialistischen Heldengedenken abhalten wollten. Nach wenigen Metern stoppte die Polizei die Demo allerdings direkt wieder und schubste dabei willkürlich Antifaschist*innen brutal zurück. Insgesamt hat sich die Polizei also wieder extrem daneben benommen und gezeigt, von wem klassischerweise die Gewalt bei Aktionen wie in Remagen ausgeht. Das passt auch wieder zur klassischen Remagener Polizeilinie, die mit Gewalt und schikanierenden Strafverfahren versucht, jeglichen Protest in Remagen zu verhindern.

An der Fachhochschule, in unmittelbarer Nähe zur Schwarzen Madonna, kam unsere Demonstration in Hörweite des „Heldengedenkens“ der Nazis. Mit lauter Musik und Parolen wurde dieses SS-Ritual der Nazis gestört. Parallel dazu zogen viele Antifaschist*innen auf das FH Gelände, um sich der dortigen Kundgebung anzuschließen und näher an der Nazikundgebung ihren Protest äußern zu können. Auch dieses Jahr mussten die Nazis ihre Demo etwa hundert Meter vor der Schwarzen Madonna stoppen und konnten nicht auf ihr gewünschtes „Feld des Jammerns“ gehen.

Nachdem die Nazis ihre Kundgebung beendet hatten, machte sich auch der Gegenprotest auf den Rückweg zum Bahnhof und hielt am jüdischen Friedhof eine Zwischenkundgebung ab, wo das „Rheinische Antifaschistische Bündnis gegen Antisemitismus“ in einem Redebeitrag den latenten Antisemitismus der deutschen Geistesgeschichte aufzeigte und kritisierte um auch daraus die Notwendigkeit abzuleiten, jedes Jahr wieder nach Remagen zu kommen und sich dem deutschen Opfermythos entgegenzustellen. Mit Parolen wie „Wer schweigt, stimmt zu, lasst die Nazis nicht in Ruh!“ wurde sich gezielt an die Bevölkerung Remagens gewandt und diese aufgefordert, selber aktiver gegen den jährlichen Naziaufmarsch zu werden. Die Anwohner*innen haben auch dieses Jahr wieder deutlich positiver auf unsere Demo reagiert und viel Zustimmung zur notwendigen Arbeit gegen den Neonazismus geäußert. Auch dies verdeutlicht, dass die Proteste in Remagen nicht nur notwendig, sondern auch weiterhin sinnvoll und wirksam sind.

Die Nazis

Die letzten beiden Jahre stieg die Teilnehmerzahl beim „Trauermarsch“ von nicht mehr als 140, auf 200 bis 250 Neonazis an. Dieses Jahr waren es mit etwa 150 wieder deutlich weniger. Mit Sicherheit war die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen das AB Mittelrhein auch ein Grund für die noch stärker zurück gegangene Mobilisierung der Neonazis. Trotzdem waren wieder viele rechtsterroristische Strukturen beim Aufmarsch dabei, was zeigt, wie vernetzt die lokalen Neonazis weiterhin sind.

Fazit

Im Großen und Ganzen ist der heutige Tag als voller Erfolg für unsere Kampagne und die ganzen Proteste in Remagen zu bewerten. Lediglich der Einsatz der Polizei muss klar kritisiert und verurteilt werden!

So ist die große und spektrenübergreifende Mobilisierung nach Remagen und der vielfältige Charakter der Gegenproteste aber positiv zu bewerten. Auch, dass es dieses Jahr durch die „Meile der Demokratie“ wieder direkt auf dem Gelände der FH und damit in der Nähe zur Nazikundgebung eine Kundgebung gab, zeugt von einem guten Weg.

Eine solche grundsätzlich positive Entwicklung kann allerdings lediglich ein Anfang sein auf einem Weg hin zu einer klaren Kritik von nationalsozialistischem und geschichtsrevisionistischem Gedankengut. Denn der Kampf gegen den Opfermythos Remagen ist noch lange nicht vorbei.

Unser großer Dank gilt den vielen Antifaschist*innen die am heutigen Tag mit uns auf der Straße waren und dem Seniorenbeirat Remagen, der wieder deutlich Flagge gezeigt hat!

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